Augustus
Der römische Kaiser Augustus fasziniert auch noch nach 2000 Jahren. Der kränkliche Jüngling Octavius nimmt das Erbe seines Großonkels und Adoptivvaters Cäsar an, kämpft und paktiert mit seinen Gegnern, hinterlässt eine Blutspur in mehreren Bürgerkriegen, bis er dem römischen Reich als Alleinherrscher, der offiziell nur der "erste Bürger" sein will, Frieden und Stabilität bringt und das römische Kaisertum begründet. Dieser Aufstieg und vor allem die Persönlichkeit eines ehrgeizigen, ja skrupellosen Intellektuellen werden in fiktiven Briefen, Tagebucheintragungen, Senatsprotokollen, Gesprächsnotizen, Militärbefehlen usw. eingefangen, wodurch Octavi(an)us, der später den Beinamen Augustus, der Erhabene, erhielt, recht plastisch aus verschiedenen Blickwinkeln gezeichnet wird. Seine einzige Tochter namens Julia, die er als Objekt für verschiedene politische Heiraten benutzt, gewinnt als Gesprächspartnerin Gestalt, ist nicht bloß das liederliche Weib. Das Augustus-Bild zeigt differenzierte seelische Züge, die wohl nicht unbedingt ganz historisch sind, aber die Problematik eines Machtmenschen und seiner Umgebung gut lesbar und interessant zeichnen. Dabei wird dem raffinierten Staatsumbau wenig Beachtung geschenkt. Der bereits 1971 erschienene Roman wirkt lebendig und unterhaltsam. Nur das Register antiker Personen am Buchende ist dürftig. Im 2015 verfassten Nachwort gibt Daniel Mendelsohn einen Überblick über das Schaffen des amerikanischen Autors. (Übers.: Bernhard Robben)
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Augustus
John Williams
dtv (2016)
474 S.
fest geb.