Das Ende ist nah
Amir Gudarzi kam 2009 aus dem Iran als politischer Flüchtling nach Österreich. Im Iran hatte er an der einzigen Theaterschule studiert. Und jetzt muss sich der junge aufstrebende Intellektuelle als politisch Asylsuchender in einem Land der Europäischen Union bewähren. Von diesen extrem widersprüchlichen Erfahrungen erzählt Gudarzis Roman. Immer wieder kehren die Erinnerungen der Erzählerfigur A. nach Teheran zurück. Dort hatte er als Regieassistent eine Fernsehserie für das Regime geschrieben, in der es um eine Fälschung des Korans ging. Bis man ihm auf die Schliche kam. In Österreich muss sich A. durchschlagen. Er nimmt Nebenjobs an, erlebt soziale Kälte, Hunger, Diskriminierung – und eine tragische Liebesgeschichte mit seiner Freundin, er trifft auf Helfer und Kontrolleure. Der Roman erschließt auf markante Weise das Milieu von Migranten und Asylsuchenden in Europa. Frei von Reportagestil und Dokumentarismus wird davon erzählt, wie es ist, sich gegen das Regime der Mullahs zu erheben, und was mit diesen Erinnerungen im Aufnahmeland passiert. Die Tränenspur der Repressionen hält für A. auch im Ankunftsland an. Nur seine Schmerzerinnerungen kann er nicht retten, wohl aber seine Geschichte. - Ein eindringlicher Roman über Flucht, Widerstand und Erinnerung, brillant erzählt. Sehr empfehlenswert.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Das Ende ist nah
Amir Gudarzi
dtv (2023)
415 Seiten
fest geb.