Gras unter meinen Füßen
London, 1939, Armenviertel Docklands. Hier leben Ada und ihr kleiner Bruder Jamie unter unsäglichen Bedingungen mit ihrer asozialen Mutter, die sie nie wollte und das ganz besonders an Ada mit dem Klumpfuß auslässt und sie, "die Schande, das Monster
mit dem ekligen Fuß" vor der Welt ein- und wegsperrt. Als Jamie in die Schule kommt, beschließt Ada, um den Preis höllischer Schmerzen und blutenden Fußes, laufen zu lernen. Und gelangt so mit Jamie in einen der Transporte, mit denen Londoner Kinder zu Kriegsbeginn aufs Land geschickt wurden. Schmutzig, krätzig, ungebildet. Zu Susan, deren Lebensgefährtin kürzlich verstarb und sie mit einem Häuschen und einem Pony am Rande eines Dorfes allein zurücklies. Susan, die keine Kinder wollte - und "auch nicht nett sei", denn laut Jamie "hassen nette Leute Adas Fuß". So beginnt eine anrührende Geschichte vom behutsamen Umgang miteinander, wachsendem Zu- und Vertrauen und gegenseitiger Zuneigung zwischen einer einsamen Frau und zwei verängstigten, verwahrlosten Kindern. Ada lernt mit Krücken laufen und ganz allein das Reiten auf Pony Butter, bald auch mit Susans Hilfe Lesen und Schreiben, wird ein aufmerksames, selbstbewusstes Mädchen, das anpacken kann und in der Not „ihren Mann“ steht. Auch für Jamie wendet sich das Blatt, als Susan entdeckt, dass man das Kind für seine Linkshändigkeit in der Schule quält, um das "Teufelsmal" auszumerzen - und er den zugelaufenen Kater Bovril als Seelentröster behalten darf. Der Krieg mit seinen Schrecken hält Einzug - und eines Tages holt die Mutter ihre ungeliebte Brut zurück - denn für deren Landleben soll sie zukünftig bezahlen. Ausgebombt und knapp dem Tod entronnen finden zum guten Schluss Susan und die Kinder wieder zueinander. Lesenswert, mit Tiefgang, breit einsetzbar.
Elisabeth Bachthaler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Gras unter meinen Füßen
Kimberly Brubaker Bradley ; aus dem Englischen von Beate Schäfer
dtv (2024)
Reihe Hanser
327 Seiten
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 11