Der Mann mit den zwei Stimmen
Freddy Sahin-Scholl besitzt ein besonderes Talent: Er kann sowohl im Bariton als auch im Countertenor singen. Damit verblüfft er seine Zuhörer, die ihn 2010 zum Sieger einer TV-Castingshow wählten. Bereits mehr als 30 Jahre zuvor war der Sänger und Entertainer durch seine improvisierten Musikdarbietungen in Jazzkellern im Südwesten Deutschlands aufgefallen. Die Autobiografie "Der Mann mit den zwei Stimmen" ist ein sympathisches Buch, dessen Stärken in der Schilderung von Sahin-Scholls Kindheit und Jugend liegen. Geboren als Sohn eines anonymen afroamerikanischen Soldaten und einer deutschen Teenagerin, wird er gemeinsam mit anderen "Brown Babies" von der Leiterin eines Kinder-Erholungsheims großgezogen. Im kleinstädtisch geprägten, konservativen Württemberg der 1950er und 60er Jahre erfährt er Ablehnung, Feindseligkeit und offenen Rassismus, manchmal aber auch praktische Hilfe, etwa von einer Gruppe US-Soldaten, die sich als Paten der Kinder begreifen. Sahin-Scholl berichtet von frühen Bühnenerfolgen, dem Prozess der Loslösung von seiner Heimmutter, wirtschaftlichen Krisenzeiten sowie der Teilnahme an neuen kulturellen Projekten. - Empfehlenswerte Star-Biografie mit Tiefgang.
Thomas Völkner
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Mann mit den zwei Stimmen
Freddy Sahin-Scholl
Irisiana (2011)
302, [8] S. : Ill. (überw. farb.)
fest geb.