Monsieur Paulin und ich

Die zehnjährige Jeanne ist ein typisches Pariser Schlüsselkind, ihre wohlhabenden Eltern sind mit sich selbst beschäftigt, streiten sich häufig und überlassen ihr Kind der Einsamkeit. Außerdem wird Jeanne von den Mitschülern gehänselt. Eines Monsieur Paulin und ich Nachts steht ein Einbrecher im Zimmer des Mädchens, während die Eltern gerade in der Oper sind. Jeanne freundet sich mit dem Obdachlosen an und nennt ihn Paulin. Sie versucht vergeblich, ihn zum Lesen zu animieren, erklärt ihm, wie Kummertränen und Lachtränen unter dem Mikroskop aussehen, und lässt ihn die Anzüge ihres Vaters anprobieren. Als sich ihre Eltern eines Tages besonders heftig streiten, flieht sie mit Paulin in die Anonymität der Großstadt. Für die kommenden Wochen ist die Straße ihr Zuhause. Hier lernt sie, wie man schwarzfährt, kleine Diebstähle begeht und der Polizei aus dem Weg geht. Irgendwann ist Paulin spurlos verschwunden und Jeanne auf sich gestellt. Sie entwickelt gegenüber anderen Kindern, die von ihren Eltern geliebt werden, Hass und Mordphantasien und stößt Kinder von Brücken - wobei offenbleibt, ob sie das wirklich tut oder ob sie es sich nur einbildet -, bis sie selbst eines Tages in die Seine springt. - In seinem Debütroman stellt der Autor die Traumwelt einer vernachlässigten Zehnjährigen hervorragend dar. In Paulin hat Jeanne einen Seelenverwandten gefunden: "Wer ständig Beleidigungen einstecken muss, bekommt davon ebenso unfehlbar eine schwarze Seele, wie von einem Topf Wagenschmiere." Derartige wunderschöne poetische Bilder mit einer immanenten tiefen Grausamkeit offenbaren, warum sich Jeanne so entwickeln konnte. Ein beachtenswertes und wirklich lesenswertes Buch.

Birgit Fromme

Birgit Fromme

rezensiert für den Borromäusverein.

Monsieur Paulin und ich

Monsieur Paulin und ich

Damien Luce
Droemer (2012)

Droemer Paperback
229 S.
kt.

MedienNr.: 367179
ISBN 978-3-426-22610-0
9783426226100
ca. 14,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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