Krieg am Golf
Die Region rund um den Persischen Golf scheint von der globalen Corona-Krise wenig berührt zu sein. Zwar sind die Infektions- und Todeszahlen auch dort sehr hoch, aber die regionalen Macht- und Militäreliten tangiert diese Krise scheinbar nur am Rande. Wer sich von den verfeindeten regionalen Supermächten Iran und Saudi-Arabien in den seit Jahren anhaltenden ununterbrochenen Konfrontationen durchsetzt, ist aber für die allgemeine Weltsicherheit von extremer Bedeutung. Die Kriege in Syrien, im Jemen, im Libanon, in Libyen, einschließlich vieler Terroranschläge in Europa, sind ohne ein Wissen über ihre historischen Hintergründe nicht zu verstehen. Auch die Flüchtlingsbewegungen vom afrikanischen Kontinent nach Europa sind unmittelbar oder mittelbar eine Folge des Kampfes um die Vorherrschaft am Golf. So gut es geht, versucht der seit Jahren auch in den deutschen Medien präsente Autor die Hintergründe dieser brutalen Konfrontation offenzulegen, die wichtigsten Akteure vorzustellen, die Beziehungsfäden zwischen den Fronten und die dramatischen Folgen für die Zivilbevölkerung innerhalb der beteiligten Länder zu entwirren. Seine am Schluss des Buches dargelegten Perspektiven des Konflikts ("Die kommenden Kriege") sind alles andere als hoffnungsvoll, aber vermutlich sehr realistisch. Ob eine militärische Aufrüstung Europas, wie es der Autor als unausweichlich ansieht, zum Frieden im Nahen Osten beiträgt, kann man bezweifeln. Aber auch für die Formulierung von Einwänden gegen ein "robustes", sprich ein stärkeres militärisches Auftreten auch von Deutschland, ist ein Wissen über die Hintergründe der extremen Kriegsgefahr am Persischen Golf unverzichtbar. Und diese werden in dem Buch detailliert geliefert.
Carl Wilhelm Macke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Krieg am Golf
Guido Steinberg
Droemer (2020)
347 Seiten
fest geb.