Das Leben ist ungerecht
Miriam Höller hegt schon mit 15 Jahren den Wunsch, Stuntfrau zu werden. Doch sie ist noch zu jung, beginnt aber dennoch, in Stunt-Workshops erste Erfahrungen zu sammeln. Mit 18 Jahren dann kann sie endlich im Movie-Park Bottrop anheuern, wo sie mit
ihrer Performance überzeugt. Später nimmt sie an "Germany's next Top Model" teil und kreiert ihr Markenzeichen: die Feuerflügel. Ihr Merkmal sind Action und Ästhetik. Sie lernt in der Szene den Kunstflugpiloten Hannes Arch kennen und bildet mit ihm bald das "actionreichste Paar Deutschlands", mit dem sie ein Leben auf der Überholspur führt: schnell, aufregend und extrem. Bei einem Fotoshooting bricht sich Miriam beide Beine äußerst kompliziert. Sie hat nicht auf ihre innere Stimme gehört und ihre Grenzen überschritten. Ein Fehler, den Stuntleute nie machen dürfen. Heute weiß sie: "Nein zu sagen bedeutet Selbstachtung und Selbstfürsorge." Noch während ihrer Rekonvaleszenz stirbt Hannes Arch bei einem Helikopterabsturz. Ist auch er über seine Grenzen gegangen? Zu ihrer körperlichen Hilflosigkeit kommt die unbändige Trauer, die sie in ein Wechselbad der Gefühle führt. Doch sie darf auch gute Erfahrungen machen: Die schwierige OP an den Beinen glückt, Bekannte werden zu fürsorglichen Freunden und auf die Familie ist Verlass. Immer noch hegt Miriam die Hoffnung, wieder als Stuntfrau arbeiten zu können. Doch das Leben richtet sich neu aus. Eine weitere "Motivationsphrase", von denen das Buch nur so strotzt: Besinne dich auf die Wurzel deines Lebens, der Tod ist mächtig, der Tod schenkt eine neue Perspektive auf die Lebenszeit usw. Miriam Höller geht nach drei Jahren Trauerzeit mit dem Kanadier Nate eine neue Beziehung an und pendelt zwischen Deutschland, Österreich (wo sie noch in Archs Haus wohnt) und Kanada hin und her. Ein Bekannter macht ihr den Vorschlag, die Erfahrungen mit ihrem Leben in Extremen – Luxus, Krankheit, Tod – in der Aufgabe als Rednerin aufzuarbeiten, sie sei schließlich ganz unten gewesen. Zunächst widerstrebend, doch dann immer motivierter geht sie diese neue Chance an, spricht auf vielen Events von ihrer Beziehung zu Hannes Arch, ihrem und seinem Unfall. Nate, ihr Partner, kommt nicht damit klar, dass Arch noch soviel Raum einnimmt; die Trennung ist logische Konsequenz. Die Stuntarbeit ist für Miriam Höller passé, somit legt sie ihre Energie auf das Unternehmen "Keynote-Speakerin" und die Koordinierung ihrer Stunttruppe. Sie kommt zu dem Schluss: "Wenn man für etwas brennt, dann klappt es auch" und "Folge der Freude und du findest dich" oder "Das Happy End bist du!". Auf ihrer Homepage wirbt sie mit den Schlagworten: Authentic (authentisch), Encouraging (ermutigend) und Transformation (Umwandlung). So sehr man Höller gönnt, dass sie ihre Mitte wieder- und eine neue Berufung gefunden hat, so sehr ermüden auch die Allgemeinplätze und Motivationsfloskeln, die sie allzu überbordend bedient. Für viele Leser und Sinnsuchende mag dieses Buch durchaus eine Stütze und Krisenberater sein, doch wird es nicht jeden überzeugen können. Sicherlich breit einsetzbar, aber nur eingeschränkt empfehlenswert!
Sabine Tischhöfer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das Leben ist ungerecht
Miriam Höller
Econ (2025)
318, [16] Seiten : Illustrationen (farbig)
kt.