In eurem Schatten beginnt mein Tag
Ein Anti-Rassismus-Workshop bringt die Journalistin Veronica Frenzel dazu, den geschichtlichen Spuren ihrer Familie hinsichtlich nationalsozialistischer Vergangenheit nachzugehen, und sie entdeckt, dass ihr Großvater bei der SS war und auch ihre Großmutter
offensichtlich durch nationalsozialistische Ideologien sehr geprägt war und dies im Alltag unterschwellig an ihre Tochter und Enkelkinder weitergegeben hat. Sie sucht weiter nach Beweisen für ihren Verdacht sowohl bei offiziellen Stellen als auch in der Verwandtschaft, entdeckt auch auf der väterlichen Seite Hinweise auf eine nationalsozialistische Vergangenheit. Wirklich annehmen kann sie diese rassistisch geprägte Kindheit erst, als sie den eigenen Familienstrukturen nachspürt und erkennt, dass ihr problematisches Verhältnis zu ihrer Zwillingsschwester, die Epileptikerin ist, auch durch rassistisches Gedankengut, von Eltern und Großeltern latent vermittelt, verursacht ist. Die Autorin vermittelt den Leser/-innen eindringlich, auf welch subtile Weise das eigene Gedankengut und die Handlungsweise bereits von Kindesbeinen an beeinflusst werden kann. Die Überlegungen der Autorin stellen sich zwar oft ein wenig wirr und bizarr dar, aber der Wechsel von der Gegenwart in die Vergangenheit, in die sich Frenzel hineinversetzt und fiktiv die Lage der Großeltern vor, während und nach dem Krieg schildert, machen das Buch zu einem spannenden, aber auch bedrückenden Leseerlebnis. - Interessante und wichtige Blickwinkel in die NS-Vergangenheit empfehlen das Buch für jede Bücherei.
Annemarie Schreibert
rezensiert für den Borromäusverein.

In eurem Schatten beginnt mein Tag
Veronica Frenzel
Goldmann (2022)
318 Seiten
fest geb.