Extrem
Die Türkin Derdâ ist gerade einmal elf Jahre alt, als sie zwangsverheiratet, in ein Hochhaus in London eingesperrt und von ihrem Ehemann brutal vergewaltigt wird. Der Türke Derda muss, ebenfalls im Alter von elf Jahren, das Sterben seiner Mutter miterleben. Um den Tod zu verheimlichen, zerteilt er die Leiche mit einer Axt und vergräbt die Teile an verschiedenen Stellen des Istanbuler Friedhofs, auf dem er Besucher an den Gräbern um Geld anbettelt. In London nimmt die mittlerweile sechzehnjährige Derdâ heimlich Kontakt zu dem masochistisch veranlagten Stanley auf, der ihr die englische Sprache und somit zum ersten Mal das Gefühl von Freiheit vermittelt. Eines Tages kann sie aus den Fängen ihres Mannes fliehen, gerät aber in einen Sumpf aus Drogen und Prostitution. In Istanbul arbeitet der inzwischen auch sechzehnjährige Derda als Bote für eine illegale Druckerei und lernt begierig das Lesen. Er entdeckt seine Liebe zum Schriftsteller Oguz Atay, dessen Grab ihm auf "seinem" Friedhof am einträglichsten war. Er gerät jedoch immer tiefer in den Strudel der Gewalt und wird selbst vom Opfer zum Täter. - Hakan Günday ist ein großartiger, brillanter Erzähler. Provokant zeigt er soziale Missstände auf, mutig thematisiert er Gewalt und Terror. Sein Roman stellt jedoch eine Herausforderung dar. Durch das Mitleiden und Miterleben mit den beiden Protagonisten wird auch der Leser - vom Autor durchaus gewollt - bis an die Grenzen seiner Leidensfähigkeit gebracht. Für geübte Leser. (Übers.: Sabine Adatepe)
Birgit Fromme
rezensiert für den Borromäusverein.
Extrem
Hakan Günday
btb (2014)
415 S. : Notenbeisp.
fest geb.