34 Meter über dem Meer
Der in Berlin lebende 35-jährige Paul lernt Ella kennen, die ihn in ihrer liebenswerten Eigenwilligkeit an Holly Golightly aus "Frühstück bei Tiffany" erinnert. Sich nach Nähe sehnend und zugleich auf Distanz bedacht, fürchtet die einfallsreiche
Mittzwanzigerin fest gefügte Alltagsrituale. Als die angehende Rundfunkredakteurin dem Meeresforscher Horowitz begegnet und sich auf den von ihm angestrebten Wohnungstausch einlässt, wird sie mit skurrilen Lebensansichten eines Pseudowissenschaftlers konfrontiert, der das Meer nie gesehen hat und sich in "Vermeidungsstrategien" übt. Dass sich der scheinbar mühelos geschriebene Roman der gebürtigen Münchnerin Annika Reich (Jahrgang 1973) wie ein modernes Märchen liest, hängt auch mit seinem optimistisch stimmenden Finale zusammen. Denn Ella entscheidet sich für den toleranten Paul, und Horowitz wird durch Ellas kapriziöse Mutter aus der peinlichen Situation eines "Faschingskapitäns" befreit. Indem die Autorin das sich einprägende Protagonistenensemble um die Kontrastfigur Jasmin erweitert, bereichert sie ihren mit hintergründigem Humor erzählten Roman. Durch die intensive Auseinandersetzung mit philosophischen, vor allem den Sinn des Lebens betreffenden Fragen garantiert die empfehlenswerte Prosa ein anregendes Leseerlebnis.
Kirsten Sturm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

34 Meter über dem Meer
Annika Reich
Hanser (2012)
266 S.
fest geb.