Hermann Hesse

Wer war der Autor eigentlich? Auf diese Standardfrage der Biografieforschung gibt es im Falle Hermann Hesses (1877-1962) grundverschiedene Antworten: der Pyromane und der Glasperlenspieler, der schweizverliebte Gärtner und der muntere Morgenlandfahrer, Hermann Hesse der Müßiggänger mit dem pietistischen Arbeitsideal, der verspätete Romantiker und der moderne "Autor der Krise", der Missionar und der Steppenwolf. In Hesses Leben ist Platz für viele Widersprüche. Gunnar Deckers Biografie leuchtet sie systematisch und mit Sinn fürs treffende Detail aus, von den Abgründen der Kinderseele über die neuromantischen Dichteranfänge, den ersten Bestseller "Peter Camenzind", die Reisen nach Süden, die Beziehungen zu Frauen und Verlegern, und die Versuche, in der NS-Zeit politisch neutral und zugleich geistig wegweisend zu sein, bis zu den stoischen Jahren in seiner Schweizer Eremitage nach der Verleihung des Nobelpreises (1946), der er persönlich fernblieb. Vor allem aber stellt diese Biografie einen homme de lettres vor, der es auf ein schon zu Lebzeiten in 34 Sprachen übersetztes Gesamtwerk von 15.000 Seiten und auf mehr als 44.000 Briefe bringt, einen (trotz eines lebenslangen Augenleidens) viel lesenden und immer noch viel gelesenen Autor, dessen Motto lautet: "Das Gute anerkennen und propagieren, das Geringe gar nicht diskutieren" (1935). Eine umfassende, gut lesbare und erhellende Biografie, allen Beständen empfohlen.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Hermann Hesse

Hermann Hesse

Gunnar Decker
Hanser (2012)

703 S.
fest geb.

MedienNr.: 570922
ISBN 978-3-446-23879-4
9783446238794
ca. 27,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li
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