Bertolt Brecht
Wer sich mit Brecht beschäftigt, kommt an dem Karlsruher Literaturwissenschaftler, Leiter der Brecht-Forschungsstelle und Mitherausgeber der großen Berliner und Frankfurter Brechtausgabe nicht vorbei. Jan Knopfs Beschäftigung mit dem teils ungeliebten,
teils höchst verehrten Meister eingreifenden Denkens und linkspolitischer Postillen hat nun ihre dritte biografische Darstellung gefunden, die als Zusammenfassung und Abschluss der jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Dichter gelten kann. Während sich viele Veröffentlichungen zu Brecht in den letzten Jahren auf Privates konzentrierten, vornehmlich die Frauenbeziehungen, findet die vorliegende Biografie zur gelungenen Darstellung des Wegs eines Schriftstellers in seiner Zeit zurück. Gegliedert ist das Buch folgerichtig auch nach den Epochen Kaiserreich, Weimarer Republik, Deutscher Faschismus und Deutsche Folgen. Als Grundgestalt präsentiert sich, wie im Untertitel anklingt, ein bürgerlicher Dichter, der es verstand, seine Lebenskunst in politischer Haltung wie literarischen Werken zu äußern. Brecht ist längst nicht mehr der Bürgerschreck, sondern wird dezidiert von Erscheinungen wie Proletkult und parteitreuem KPD/DDR Verständnis des Sozialismus abgesetzt. Schade, dass die letzten 10 Jahre seiner Existenz in der DDR (mit einem österreichischen Pass) bei Knopf doch etwas kurz gerieten (66 der 520 Seiten). Der Autor hat unbestritten die Nase vorn, was die Brecht-Forschung angeht. Die Darstellung ist sehr verständlich und ohne jede professorale Attitüde geschrieben und gibt zudem fundierte, anschauliche Darstellungen von Brechts Theater- wie Lyriktheorie. Wem das Buch zu ausführlich ist, sei auf die vom selben Verfasser 2006 als Suhrkamp BasisBiographie erschienene Darstellung verwiesen. Größeren Büchereien mit Schwerpunkt Literatur des 20. Jahrhunderts und Biografien empfohlen.
Helmut Krebs
rezensiert für den Borromäusverein.

Bertolt Brecht
Jan Knopf
Hanser (2012)
558 S.
fest geb.