Das Schiff im Baum
Sommer in Betenbüttel bei der uralten Verwandtschaft? Drei Wochen irgendwo auf dem platten Land, ganz ohne Computer und funktionierendes Handynetz? Das geht gar nicht. Finden zumindest die Geschwister Katharina und Ole. Ihre Mutter lässt sich allerdings nicht erweichen, und so sitzen sie schon bald maulend im Auto gen Friesland. Als sie endlich bei Tante Polly und Onkel Fiete ankommen, ist alles noch schlimmer als befürchtet. Überall nur Wiesen, Bäume und eine endlos flache Landschaft. Onkel Fiete, der an Alzheimer leidet, reagiert in den ersten Tagen sehr grantig auf den ungewohnten Besuch. Ole und Katharina fürchten sich am Anfang vor dem alten Mann, der oft in einer völlig anderen Welt lebt und dann stundenlang Seemannsgarn erzählt. Wenn die herzensgute und immer fröhliche Tante Polly nicht wäre, dann wäre dieser Urlaub überhaupt nicht auszuhalten. Nach ein paar Tagen stellen die beiden allerdings erstaunt fest, dass Betenbüttel ihnen doch eine ganze Menge zu bieten hat: viel Platz, die Geborgenheit bei Tante Polly, dazu Hund Freitag und Katze Huckleberry und natürlich den Werkzeugschuppen voller Holz, mit dem man tolle Sachen bauen kann - ein Schiff im Baum zum Beispiel. Und während Oles Baupläne langsam Gestalt annehmen, entwickeln die Kinder immer mehr Verständnis für Onkel Fiete, dessen abenteuerliche Geschichten sie schon bald nicht mehr missen möchten. Als die Mutter die beiden Kinder wieder abholt, wollen sie gar nicht mehr weg und sind sich völlig einig: Das waren wirklich die besten Ferien der Welt. - Eine schöne und sehr warmherzige Feriengeschichte, in leichtem Ton und doch wunderbar poetisch erzählt. Und gleichzeitig eine sehr authentische und behutsame Geschichte von der Annäherung und dem Verständnis zwischen zwei Generationen, die es bestens miteinander aushalten, nachdem all die Vorurteile auf beiden Seiten erst einmal ausgeräumt sind. Nachdrücklich empfohlen!
Angelika Rockenbach
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Schiff im Baum
Jutta Richter
Hanser (2012)
120 S. : Ill., Kt.
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 8