Ein treuer Freund
Jakop Jacobsen ist ein einsamer Mann, der bei dem Besuch von Begräbnissen ihm fremder Menschen versucht, ein Gefühl von familiärem Zusammenhalt zu finden. Bei einem dieser Begräbnisse hat er Agnes kennengelernt, der er in einem umfassenden schriftlichen
Geständnis versucht, sein Handeln zu erklären. Aufgewachsen als Außenseiter, der von seinen Schulkameraden gehänselt wird, bekommt er auf einem Volksfest eine Handpuppe geschenkt, der er den Namen Pelle gibt und die sein "bester Freund" wird. Sie wird zu seinem Alter Ego, mit ihr führt er geistreiche Gespräche und setzt sie sowohl als Lehrer in der Schule als auch bei Vorträgen erfolgreich ein. Mehrmals trifft er bei seinen Beerdigungsbesuchen auf Mitglieder der Familie Lundin, zu denen er sich fantasievolle Geschichten gemeinsamer Erlebnisse einfallen lässt und sie beim Leichenschmaus zum Besten gibt. Dabei brilliert er mit seinem großen Wissen über die Etymologie der nordischen Sprachen und die altnordische Mythologie. Auch die angeschriebene Agnes ist Mitglied der Familie Lundin, jedoch die Einzige, die nicht von seinen Lügengeschichten abgestoßen ist. - Der bekannte Philosoph, Theologe und Literaturwissenschaftler Gaarder behandelt in diesem geschachtelt aufgebauten Roman gekonnt die Themen Einsamkeit, Außenseitertum, Abspaltung der Persönlichkeit und Erfindung von Fantasiewelten und schenkt allen, die anspruchsvolle Lektüre lieben und sich nicht von den teilweise ausufernden etymologischen Darstellungen abschrecken lassen, ein großes Lesevergnügen. (Übers.: Gabriele Haefs)
Gabriele Güterbock-Rottkord
rezensiert für den Borromäusverein.

Ein treuer Freund
Jostein Gaarder
Hanser (2017)
269 S.
fest geb.