Mein Bruder

Jana Kippur kehrt auf ihren Elternhof in Nordschweden zurück, um nach ihrem Zwillingsbruder Bror zu sehen. Fast angekommen, lernt sie John, den faszinierenden Maler mit den schwarzen Augen, kennen. Jana und Bror sind mit einem gewalttätigen Vater Mein Bruder aufgewachsen. Der Vater ist längst tot, die streng pietistische Mutter, die ihre Kinder vor ihrem wütenden Vater nicht beschützt hat, lebt im Pflegeheim. Jana beschließt, länger als geplant im Heimatdorf zu bleiben und fängt als mobile Pflegekraft in der dünn besiedelten Gegend an. Mit ihrer zupackenden, vorlauten aber auch einfühlsamen Art kommt sie bei den Dorfbewohnern gut an. Gleichzeitig kämpft Jana - wie auch Bror und John - mit ihren traumatischen Kindheitserinnerungen. "Wer geschlagen wird schlägt später selbst" lautet ein Schlüsselsatz dieses bewegenden Buches. Gegen den Teufelskreis von Gewalt, Lügen und Angst gilt es anzukämpfen, um ihn ein für alle Mal zu durchbrechen. Die verschiedenen Handlungsstränge und Zeitebenen werden raffiniert verknüpft und es entsteht eine Dramatik wie in einem Krimi. Smirnoffs nah am nordschwedischen Dialekt angelehnte Prosa besteht aus kurzen, kernigen Sätzen ohne andere Satzzeichen als Punkten. Auch wenn das Ende überwiegend versöhnlich ist, sollte man sich, bevor man zu diesem Buch greift, bewusst sein, dass es unverblümt um Inzest, sexuellen Missbrauch und Todschlag geht. Das Romandebüt von Karin Smirnoff leitet eine Trilogie ein, die in Schweden viel Lob erhielt. Es bleibt abzuwarten, ob die beiden anderen Teile auch ins Deutsche übersetzt werden. Eine kraftvolle Lektüre, die niemanden unberührt lässt.

Maria Holgersson

Maria Holgersson

rezensiert für den Borromäusverein.

Mein Bruder

Mein Bruder

Karin Smirnoff ; aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein
Hanser Berlin (2021)

334 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 603823
ISBN 978-3-446-26942-2
9783446269422
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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