Die Tochter

"Du warst mein Lebensmittelpunkt. Verdammt! Und jetzt enttäuschst du mich und brichst mir das Herz mit jeder Kleinigkeit, die du tust." Green ist nicht die Tochter, die sich ihre Mutter gewünscht hat. Denn Green ist homosexuell, protestiert vor der Die Tochter Universität und hat keinerlei finanzielle Rücklagen. Ein Alptraum für die Mutter, die sich doch nur ein "normales" Leben für ihr Kind wünscht. Der Roman stellt durch ihre Perspektive als Ich-Erzählerin eine Frau mittleren Alters vor, die stets getan hat, was von ihr erwartet wurde. Sie hat geheiratet, wurde Mutter und arbeitet nun in einem Seniorenheim. Niemand soll über sie schlecht denken oder gar sprechen. Dass ihre Tochter andere Werte vertritt und sich für ihre Mitmenschen sowie deren Rechte einsetzt, kann die Mutter nicht verstehen. Als sich aus einer Notlage heraus ein Zusammenleben zwischen Mutter und Tochter sowie deren Partnerin in der Wohnung der Mutter ergibt, treffen zwei Generationen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ausdauernd ist die Stimme der Ich-Erzählerin, die die Lebenslage ihrer Tochter nicht respektieren möchte und sich über diese echauffiert. Das ist für den/die Leser/-in teilweise anstrengend, dennoch betont diese Permanenz die Not, in der die Ich-Erzählerin sich befindet. Die Sprache ist klar und ohne Schnörkel, der depressiv-verstimmte Ton der Ich-Erzählerin ist ernst, teilweise verzweifelt und entwickelt sich erst im letzten Drittel des Romans zu einer Stimme, die sich vorsichtig wandelt, hin zu einer Protagonistin, die anfängt, gesellschaftliche Strukturen zu hinterfragen. Empfehlenswert.

Verena Kaster

Verena Kaster

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Tochter

Die Tochter

Kim Hye-Jin ; aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee
Hanser Berlin (2022)

171 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 609613
ISBN 978-3-446-27232-3
9783446272323
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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