Wir wollen Freiheit!
"Bei Tunesien - das ist ja so ein kleines Land ..., da hätte man noch denken können, dass es Zufall war, Glück! Als aber dann Ägypten es schaffte, da war uns klar: Jetzt geht es los." So zitiert Julia Gerlach, Auslandskorrespondentin deutscher Zeitungen in Kairo, einen der Aktivisten des Aufstands in Bahrain. Der "Arabische Frühling" begann in Tunesien und brachte die gesamte politische Landkarte der arabischen Welt durcheinander. Tunesien, Libyen, Bahrain, Jemen, Syrien und dann das geostrategisch wichtige Ägypten. Mit dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak werden diese Prozesse für Ägypten irreversibel. Julia Gerlach analysiert in ihrem Buch die Hintergründe der Aufstände. Ihre Erklärungen sind multikausal: Soziale Missstände, das Internet, Druck von außen untersucht sie als Faktoren. Islamismus, 11. September 2001, Dschihad, Muslimbrüder, Salafisten - sie skizziert die arabische und ägyptische Gegenwart und erklärt Hintergründe und Zusammenhänge. Julia Gerlachs Ausführungen sind von Optimismus geprägt ("Der Arabische Frühling ist auch ein Islamischer Frühling.") und lassen das Entstehen einer Zivilgesellschaft erahnen. Neue gesellschaftliche Kooperationen ermöglichten den Druck auf die alten Eliten. Dann reflektiert sie Konsequenzen für die westliche Gegenwart: eine größere Wertschätzung des Islam und das Zurückdrängen des Islamismus. Das Buch kann zum vertieften Verständnis der Vorgänge in der arabischen Welt beitragen.
Karsten Steil-Wilke
rezensiert für den Borromäusverein.
Wir wollen Freiheit!
Julia Gerlach
Herder (2011)
200 S.
kt.