Alles zu seiner Zeit
Der Name Michail Gorbatschow wird für uns Deutsche immer mit der Wiedervereinigung verbunden sein. Seine Reformen im eigenen Land, bekannt unter Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) bereiteten den Boden für die Freiheit der Staaten des Warschauer Pakts von der übermächtigen Diktatur der Sowjetunion. Da die politischen Machtinhaber sich nicht durch Informationsfreudigkeit auszeichnen, sind die Ausführungen besonders spannend und aufschlussreich - stammen sie doch von einem Mann, der etwa 40 Jahre im Zentrum der Macht stand. Vor allem die Berichte der ersten Jahre sind geprägt von sehr persönlichen Erlebnissen seiner Familie während des Zweiten Weltkrieges und der Liebe zu seiner Frau Raissa. Dann folgen lange Listen von Parteimitgliedern und Amtsinhabern, die uns wenig bis nichts sagen. Interessant werden die Hintergründe seiner Perestroika, die zum Ende des kalten Krieges, aber auch zum Zerfall der Sowjetunion führten und auch den Weg für sehr unselige Entwicklungen öffneten. Gelegentlich klingt verhaltene Kritik an seinen eigenen Entscheidungen an. Mehr davon wäre wünschenswert. Dennoch liegt hier ein - bis auf wenige Kapitel - spannender historischer Rückblick vor, der in dieser Offenheit und Authentizität bisher nicht zu finden ist. Sehr empfehlenswert für alle geschichtlich Interessierten.
Lotte Schüler
rezensiert für den Borromäusverein.
Alles zu seiner Zeit
Michail Gorbatschow. Mit Christoph Bantzer
Hoffmann und Campe (2013)
5 CD (ca. 430 Min.)
CD