Luzies Erbe

Großmutter Luzie ist nach einem langen, vollen Leben verstorben und die Enkelin Johanne wird sie nicht außer Haus bringen lassen, bevor tabuisierte Fragen, deren Antwort sie in einer Schatulle vermutet, gelöst werden. Nun gibt das Döschen nicht Luzies Erbe so viel her, wie angespannt erhofft, doch ein altes Foto ist die Initialzündung für einen Rückblick, der Luzies Geschichte erzählt. Als junge Frau verliebt sich das lebensfrohe, selbstbewusste Mädchen in einen polnischen Zwangsarbeiter und da die Verbindung nicht ohne Folgen blieb, begann für das Paar eine Zeit des Versteckens und der Todesangst. Die gemeinsame Tochter, Johannes Mutter Thea, wächst als Geheimnis unter harten Umständen auf und wird ihr Leben lang vom Tabu ihrer selbst geprägt bleiben und dies selbst auch an ihre Tochter, Johanne, weitergeben. In Rückblicken und Szenen in der Gegenwart wird so die Geschichte dreier Frauen, dreier Generationen und damit deutsche Geschichte erzählt. Es gibt eine vierte Generation, Johannes Tochter, die zur Beerdigung anreist, die für Leichtigkeit und Zugang zu ihren Gefühlen steht. Der Zeitgeist der Jahrzehnte findet somit allegoriehaft Abbildung in seinen Figuren. Als säße man der Erzählerin gegenüber, die kein Wort scheut und unsentimental und vielleicht auch gerade deshalb berührend und authentisch die Familiengeschichte erzählt, fesselt der autobiografische Roman und nimmt bis zur letzten Seite gefangen. Ein sehr persönliches Zeitzeugnis. Sehr empfehlenswert.

Christine Vornehm

Christine Vornehm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Luzies Erbe

Luzies Erbe

Helga Bürster
Insel-Verl. (2019)

287 S.
fest geb.

MedienNr.: 925219
ISBN 978-3-458-17814-9
9783458178149
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.