Wie die Queen

Christoph Ribbat beschreibt in dieser außergewöhnlich konzipierten Biografie, die er nicht chronologisch, sondern in einzelnen Episoden aufbaut, die berührende Lebensgeschichte von Ilse Groß, die sich als Schriftstellerin das Pseudonym Kathrine Wie die Queen Talbot zulegt, und zeigt an ihrem Schicksal die Zerrissenheit vieler jüdischer Emigranten zwischen ihrer alten deutsch-jüdischen Identität und dem stetigen Bemühen nach völliger Integration in der neuen Heimat. Ilse Groß (1921-2006), aufgewachsen in einer wohlhabenden jüdischen Familie in Bingen/Rhein, flieht 1938 aus Deutschland - die Eltern bleiben aus Sorge um ihre andere, schwerstbehinderte Tochter im Land, werden deportiert und ermordet - nach England, arbeitet als Dienstmädchen in London und wird von 1940 bis 1941 als "feindliche Ausländerin" auf der Isle of Man interniert. Anschließend jobbt sie in einer Initiative für die Unabhängigkeit Indiens, schließt sich einer Künstlergruppe an, heiratet den Maler Kit Barker, bekommt einen Sohn und wendet sich der Schriftstellerei zu - jedoch nur mit kurzlebigem Erfolg. Gestützt auf Briefe, Tagebücher, autobiografische Texte, Interviews, historische Dokumente, vor allem jedoch durch intensive Gespräche mit Ilses Sohn zeichnet Ribbat die einzelnen Stationen dieses Lebens nach und vermittelt unaufdringlich Ilses/Kathrines Sehnsucht nach Freiheit und Anerkennung als "echte" Britin, was darin gipfelt, dass sie ihr Aussehen immer stärker an das von Queen Elizabeth II. anpasst. Erst im Alter bringt sie es fertig, von ihren Eltern und dem Leben in Deutschland zu erzählen, doch diese Erinnerungen werden nie veröffentlicht. - Lesenswerte, interessante und informative Lektüre! Bestens zu empfehlen!

Inge Hagen

Inge Hagen

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Wie die Queen

Wie die Queen

Christoph Ribbat
Insel Verlag (2022)

219 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 611409
ISBN 978-3-458-17943-6
9783458179436
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li
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