Ketzer
Gilbert Keith Chesterton (1874-1936) ist mehr bekannt als Autor der Pater-Brown-Geschichten, weniger sind seine journalistischen und essayistischen Schriften im Bewusstsein. Diese gut 250 Seiten umfassende Sammlung von zwanzig Essays aus dem Jahr 1905
bietet eine Fülle an Ansichten, Anmerkungen und Aphorismen, die originell, bissig und tiefgründig zugleich das Dasein und Denken zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Blick nimmt. Leidenschaftlich entlarvt er zweifelhafte Vorstellungen und Zeitgeistanpassung - nicht ohne Humor, Spott und Provokation! Gegen Verwahrlosung, Verwöhnung und Verantwortungslosigkeiten wehrt er sich ebenso brillant wie er sich gegen Verharmlosungen von Germanenkult (Keltophile) und Rassenvorstellungen verwahrt. Chesterton erweist sich als Querdenker mit besonderen Qualitäten und einem offensiven christlichen Glauben. Seinem Denken wird mit diesen Essays ein würdiges Denkmal gesetzt, zumal die grandiose Übersetzung aus dem Englischen (von Monika Noll und Ulrich Enderwitz) feine Nuancen des Originals widerspiegelt. Ein unglaublich aktuelles Buch mit Tiefgang und treffsicheren Formulierungen.
Reiner Andreas Neuschäfer
rezensiert für den Borromäusverein.

Ketzer
Gilbert Keith Chesterton
Insel-Verl. (2012)
Insel-Taschenbuch ; 4105
262 S.
kt.