Der Winterpalast

Wenn die gebürtige Polin Warwara 1764 den Hofstaat der russischen Kaiserin Katharina verlässt, resultiert diese Entscheidung aus der Verantwortung für ihre Tochter Darja. Hat sie als 15-Jährige nicht am eigenen Leib erfahren, was es heißt, ausgenützt Der Winterpalast und erniedrigt zu werden? "Ich war das, was man eine 'Zunge' nannte", schreibt sie rückblickend, eine "Informantin" also, die jederzeit mit Erlauschtem und Erspähtem dienen kann. Auch als die 14-jährige Sophie, Prinzessin von Anhalt-Zerbst, in St. Petersburg eintrifft, um mit dem Kronprinzen Peter Fjodorowitsch vermählt zu werden, funktioniert sie als gewissenhafte Kundschafterin. Da sich die beiden Mädchen jedoch zueinander hingezogen fühlen, ahnt Warwara, wie eng Loyalität und Verrat beieinanderliegen. - Obwohl die in Kanada lebende Eva Stachniak die sympathisch gezeichnete Protagonistin in den Mittelpunkt stellt, lässt sie das Geschehen um Katharina die Große, ehemalige Prinzessin aus dem Anhaltinischen, nicht außer Acht. Indem sich beider Lebenswege kreuzen, entsteht das realistische Bild einer gelangweilten, intriganten Adelsgesellschaft. Der perfiden Machtspielen ausgelieferte Mensch ist das dominierende Thema, mit dem sich die Autorin in ihrem linear erzählten, den Zeitraum von 1743-1764 umfassenden Roman auseinandersetzt. Wenn die Lektüre der teilweise langatmigen, durch Wiederholungen auffallenden Prosa einem nur bedingten Lesegenuss bereitet, sollte das Buch unter historischen Aspekt dennoch Beachtung finden. (Übers.: Peter Knecht)

Kirsten Sturm

Kirsten Sturm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Winterpalast

Der Winterpalast

Eva Stachniak
Insel-Verl. (2012)

Insel-Taschenbuch ; 4195
532 S.
kt.

MedienNr.: 366869
ISBN 978-3-458-35895-4
9783458358954
ca. 14,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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