Lamento
Der Monolog über die Liebe, gerichtet an ein Kind, beginnt mit einem versehentlich selbst verursachten Brand vor über zwanzig Jahren auf der Hochzeitsreise. Das Feuer zieht sich als Metapher durch das Buch. Wäre ihre Liebe zu retten gewesen, fragt sich die Ich-Erzählerin. Mit ihrem Kennenlernen in der Bar nach der Premiere einer Aufführung, zu der sie das Libretto geschrieben hatte, beginnt eine rasende Amour fou. Genauso ekstatisch ist die Sprache, die sie beschreibt, surrealistisch wie die Liebe, wild, unbändig. Und zugleich nicht zu fassen, wie auch ihr Umschlagen in Hass. Während einer Afrikareise kommt etwas ins Kippen. Plötzlich sieht sie „den Jungen, der einmal dein Vater sein wird“ mit anderen Augen, er ist bloß noch „ein fremder weißer Mann“. Ein weiterer Kipppunkt ist ihre Schwangerschaft, denn danach kommt sie nicht mehr zum Schreiben. Der Versuch, in ihrer beider Leben Struktur zu bringen, tötet den letzten Rest ihrer Liebe. - Die Autorin, Sängerin und Künstlerin Madame Nielsen stellt in ihrem Lamento dem Surrealismus ihrer Beschreibung poetische Bilder entgegen, die einen einzigartigen Schwebezustand erzeugen, der die Realität in symbolische Metaphern überführt. Vor möglicherweise schockierenden Bildern sei gewarnt (S. 165ff).
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Lamento
Madame Nielsen ; aus dem Dänischen von Hannes Langendörfer
Kiepenheuer & Witsch (2022)
199 Seiten
fest geb.