Sylter Welle
Max Richard Leßmann, gerade Anfang 30, schreibt eine rührende Familiengeschichte, in deren Mittelpunkt seine Großeltern stehen. Mit Lore (ernst und streng) und Ludwig (gelassen und verschroben) verbringt Max, der Ich-Erzähler, jeden Sommer auf der Insel Sylt. Dabei geht es um die immer gleichen Abläufe und Marotten, die die Großeltern und andere Familienmitglieder im Lauf der Zeit entwickeln, wie zum Beispiel das Ausstopfen von überfahrenen Tieren, die vergebliche Beherbergung einer aus Kroatien stammenden Eule, die im Karton über die Grenze geschmuggelt wird usw. Nun reist der Erzähler wieder einmal für drei Tage nach Sylt, um sie (vielleicht ein letztes Mal?) im Urlaub zu besuchen. In diesen Tagen denkt Max viel an die Vergangenheit, seine Erlebnisse mit der Familie, vor allem eben mit den Großeltern, Schicksale und Schicksalsschläge. Er erinnert sich an das Begräbnis seines zu früh verstorbenen Onkels Jacob mit "Wish you were here" von Pink Floyd und einem Lied von Jacob selbst, "Das ist eindeutig zu viel" - wohl der emotionale Höhepunkt des Buches. - Eine gelungene Familiengeschichte ohne sentimentalen Kitsch, so wie sie das Leben eben schreibt und ein bisschen wohl auch die Geschichte des Autors. Max Richard Leßmann gelingt damit ein beeindruckendes Romandebüt. Mehr als nur eine Sommerlektüre, sehr empfohlen.
Wilfried Funke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Sylter Welle
Max Richard Leßmann
Kiepenheuer & Witsch (2023)
220 Seiten
fest geb.