Die letzte Lektion
Als eine hochbetagte Mutter ihrer Familie das Datum ihres Todes mitteilt, reagiert vor allem die Tochter verstört. Die alte Frau, früher Ärztin und Hebamme, geht sehr natürlich mit ihrem eigenen Sterben um. Sie spürt ihre Gebrechlichkeit, die sie quälenden körperlichen und geistigen Einschränkungen und sieht keinen Sinn mehr darin, sich dagegen aufzulehnen. So beschließt sie an einem von ihr bestimmten Tag aus dem Leben zu scheiden. Lektion um Lektion muss nun die Tochter das Abschiednehmen von der Mutter lernen. Auch wenn sie den Zeitpunkt für deren Sterben anzweifelt, kann sie die Entscheidung der Mutter von Tag zu Tag mehr akzeptieren. Ihre Begegnungen und beiderseitigen Lebenserinnerungen gewinnen an Intensität, kleine Abschiede werden immer öfter auch zu kleinen Toden und damit zur Einübung in das letztendlich wirkliche Gehen. So macht sich bei beiden eine Vertrautheit mit dem Tod breit, die ihm seine Bedrohung nimmt. Als der Tag des angekündigten Sterbens kommt, hat die Tochter zwar noch vieles von und mit ihrer Mutter gelernt, die Trauer über deren Hinscheiden kann ihr dennoch nicht genommen werden. - Ein sehr einfühlsames Buch, das sich zwar mit dem Tod, im engeren Sinn aber mit dem Leben beschäftigt. Zudem regt es sehr intensiv zur Auseinandersetzung mit dem Problemfeld Freitod als letztmöglicher eigener Entscheidung an. - Ein intensives Buch. (Übers.: Uli Wittmann)
Josef Schnurrer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die letzte Lektion
Noëlle Châtelet
Kiepenheuer & Witsch (2007)
154 S.
kt.