Muttermale
Otto Kadokes Aufgabe ist, Suizidgefährdete von ihrem Vorhaben abzubringen. Routiniert arbeitet sich der junge Psychiater an den Vorschriften entlang, bis ihm eines Tages Zweifel an einer seiner Entscheidungen kommen. Als er seine alte Mutter besucht, öffnet ihm die Pflegerin Rose - nur mit einem Handtuch bekleidet - die Tür. Kadoke lässt sich von seinen Gefühlen übermannen und kommt ihr zu nahe. Daraufhin beendigt sie ihre Tätigkeit und er muss sich selbst um seine Mutter kümmern. Weil er keine neue Pflegekraft finden kann, nimmt er eine junge Klientin als Pflegerin für seine Mutter mit nach Hause. Er begründet sein Vorgehen als therapeutische Maßnahme, wohl wissend, dass er damit seine Psychiater-Karriere aufs Spiel setzt. In der Auseinandersetzung mit der jungen Michette und seiner Mutter erkennt er, dass es nicht nur im Leben der Klienten, sondern auch in seinem Leben um mehr geht als um das Nicht-Sterben. Ein Freund sagt ihm schließlich: "Fang endlich an zu leben." Fazit: ein großartig geschriebenes Buch über das Leben eines Mannes, in dem es um das Nicht-Sterben geht, um das Ausloten von Professionalität und Persönlichem und schließlich um das Leben - sein Leben. Sehr zu empfehlen und sehr lesenswert. (Übers.: Rainer Kersten und Andrea Kluitmann)
Christiane Raeder
rezensiert für den Borromäusverein.
Muttermale
Arnon Grünberg
Kiepenheuer & Witsch (2016)
440 S.
fest geb.