Das Duell

Jeder kennt sie, selbst wenn er nicht ihre Bücher kennt: den Kritikerpapst Marcel Reich-Ranicki und den Literaturnobelpreisträger Günter Grass, jeder vom Erfolg und Ruhm des anderen abhängig, Zerwürfnisse gewohnt. Volker Weidermann, selbst Literaturkritiker Das Duell und Schüler Reich-Ranickis, erzählt nun zum ersten Mal diese Geschichte von Entrüstung und Entspannung, und er tut dies überaus spannend, mit Anekdoten und neuen Dokumenten. Es beginnt mit einem Treffen in Warschau, im Nobelhotel Bristol, im Sommer 1958. Der angehende Kritiker Marcel Reich trifft einen nachlässig gekleideten, angetrunkenen, wortkargen Grass. Der sagt ihm nur etwas von seinem neuen Romanprojekt, in dem es um Polen, die NS-Zeit und einen Zwerg als Helden geht. Reich wundert sich. Wenig später wird er diesen Roman tadeln (und diesen Tadel widerrufen). Es ist "Die Blechtrommel", für die Grass 1999 den Nobelpreis bekommt. Der deutsche Autor und der jüdische Kritiker, beide aus Polen, beide verbunden durch die Liebe zur Literatur: Das ist der Kern der Geschichte von Grass und Reich-Ranicki. Es ist eine Erzählung von den Widersprüchen des Jahrhunderts, eine Geschichte von Nähe und Zweifel, Bewunderung und Verriss. Beide schreiben sich, begegnen sich, auch privat, streiten sich, schweigen aneinander vorbei, versöhnen sich halbherzig - und bleiben, bis Reich-Ranicki 2013 stirbt (Grass 2015), ziemlich beste Feinde. Wunderbar zu lesen, eine Hommage an die deutsche Literaturgeschichte, sehr zu empfehlen.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Das Duell

Das Duell

Volker Weidermann
Kiepenheuer & Witsch (2019)

308 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 598791
ISBN 978-3-462-05109-4
9783462051094
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li
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