Deine Mutter war ein Fisch
Der amerikanische Traum wird zum Albtraum - in zwölf Erzählungen unterschiedlicher Länge beschreibt die amerikanische Autorin A. M. Homes zutiefst einsame und verunsicherte Menschen. Mit überspitzter Feder und schwarzem Humor zeichnet sie eine Gesellschaft, in der das Äußere mehr zählt als das Innere. In "Hallo zusammen" wird im Restaurant der Kellner darauf hingewiesen, dass ein Gang nicht mehr als 10 Kalorien enthalten darf. Der Hunger nach Nahrung überspielt einen anderen Hunger, nach Nähe und Lebendigkeit. In "Tage der Umkehr" besuchen eine lesbische Autorin, die einen Roman über den Holocaust geschrieben hat, und ein Kriegsreporter eine Konferenz zum Thema Genozid. Er wirft ihr vor, im Leid anderer Menschen zu leben, weil sie nicht mehr in der Lage ist, selber etwas zu fühlen. In der titelgebenden Geschichte näht sich die Urgroßmutter ein Kostüm und schwimmt als Meerjungfrau nach Amerika. Hier wird sexuelle Orientierung thematisiert, der Wunsch nicht festgelegt zu sein auf eine bestimmte Rolle. Alle Protagonisten reden aneinander vorbei, das wirkliche Leben liegt meist in der Vergangenheit oder in einer Zukunft, die nicht realisierbar scheint. Für literarisch ambitionierte Leser.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Deine Mutter war ein Fisch
A.M. Homes ; aus dem Englischen von Ingo Herzke
Kiepenheuer & Witsch (2020)
357 Seiten
fest geb.