Grand Union

Nach ihren erfolgreichen Romanen legt die britische Autorin, die heute in New York lebt, einen Band mit 19 Erzählungen vor. "Der Fluss der Faulheit" ist eine bitterböse Satire: Es geht um englische Urlauber, die sich in einem All-Inclusive Hotel in Spanien dem Nichtstun hingeben und Dinge tun, die sie Zuhause niemals machen würden. Währenddessen sehen sie nebenan die Erntehelfer auf den Feldern schuften. "Flucht aus New York" beschreibt einen Roadtrip, den Michael Jackson, Marlon Brando und Elizabeth Taylor nach dem Anschlag auf das World Trade Center unternehmen. Dort stellen die Superstars am Ende fest: "Wir sitzen mittendrin fest, so wie alle anderen auch." Der rührselige Ex-Cop McRae in der Erzählung "Wichtige Woche" wurde wegen seiner Opiumsucht aus dem Polizeidienst entlassen. Seine Frau verlässt ihn, niemand will ihn mehr. McRae bemüht sich trotzdem um Dankbarkeit und Zuversicht: "Ich kann hier ganz aufrichtig stehen und sagen: Ich bereue nichts. (…) Wenn Gott eine Tür schließt, macht er ein Fenster auf." Versiert lässt Zadie Smith ihren einsamen Protagonisten auf dem schmalen Grat zwischen Selbsttäuschung und Erkenntnis balancieren. In der Erzählung "Miss Adele kauft ein Korsett" muss sich eine alternde schwarze Dragqueen nicht nur mit ihrer wachsenden Leibesfülle auseinandersetzen, sondern auch mit ihrer Einsamkeit. Im hintergründigen Gedankenspiel "Blockade" beschreibt der Schöpfergott sich selbst als Künstler in einer kreativen und depressiven Krise. Von Isolation und Gleichgültigkeit vor allem in der Großstadt erzählt Zadie Smith. Und von den Menschen, die sich als Opfer ungünstiger Umstände sehen, um dann feststellen zu müssen, dass ihr Leben ohne Bedeutung für ihre Mitmenschen ist. Viele der Kurzgeschichten wirken fragmentarisch. Jede Erzählung ist vollkommen anders in Form, Stil, Inhalt. Manche sind schwer zugänglich für Ungeübte, aber für literarisch Interessierte lohnt die Lektüre dieser so verschiedenartiger Geschichten.