Franz Liszt
Der Autor, der schon mit "Mozart für die Westentasche" und "Glenn Gould" Furore gemacht hat, präsentiert sich als "Komponist und Musikpublizist", zeichnet aber in erster Linie als Prof. für Musikwissenschaft (an der TU Osnabrück). Er muss wie jeder seriöse Wissenschaftler anschreiben gegen allzu viele kurzschlüssige Vorurteile und Klischees: vom "ersten Popstar der Klassikszene" oder überschätzten Leerlauf-Virtuosen. Sein Zugang zu Liszt ist scharf konturiert und ausgreifend zugleich (524 S.!), nie aber weitschweifig; das demonstriert schon sein Index: In "Douze études d'exécution transcendante" zitiert er nicht nur Liszts kompliziertestes Klavierwerk, sondern gliedert den Lebenslauf in 12 griffige Kapitel, vom "preludio" seiner Kindheit im Burgenland bis zum grande finale "chasse neige", das auch sein kontroverses Nachleben würdigt. In den Mittelpunkt rückt der Autor den Wandel der menschlichen Persönlichkeit, in all seinen zeitbedingten, aber auch avantgardistischen Ambitionen, mit den Brüchen seiner unerhörten Künstlerexistenz (zwischen beiden liaisons de fou, der Rolle als Weimarer Hofkomponisten, auch als Wagners Schwiegervater, und dem späten Nimbus eines römischen Abbés, der sich nur noch zur Kirchenmusik berufen fühlt; alle lisztschen Facetten sind durch aufschlussreiche Quelleneinschübe konkretisiert und belegt. Bestechend der gesamte Anhang: Über sachdienliche Anmerkungen, Bibliografie und Register hinaus ein sehr gründliches, immens umfangreiches und zum Nachschlagen gerade für Laien nützliches tabellarisches Werkverzeichnis. Nicht zuletzt die z.T. bisher unbekannten Fotos machen diese Neuerscheinung zu einem Volltreffer, der Bestnoten verdient, auch stilistisch!
Harald Grimm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Franz Liszt
Michael Stegemann
Piper (2011)
524, [16] S. : Ill., Notenbeisp.
fest geb.