All right. Good night.
Im in allen gängigen Feuilletons durchweg gut besprochenen Erstling der Theatermacherin Helgard Haug geht es um das Verschwinden auf zwei unterschiedlichen Ebenen, die auf den ersten Blick weit voneinander entfernt scheinen. Dabei steht die sehr persönliche
Beschreibung der Demenzerkrankung des Vaters der Autorin im Mittelpunkt, die sich mit dem fernen Verschwinden des Flugzeugs MH370 mit 239 Menschen an Bord von Kuala Lumpur nach Peking 2014 und dem Umgang der Angehörigen damit verwebt. „Der Vater aber ist am Boden geblieben. Er sitzt nicht in diesem Flugzeug. Und doch lässt sich der Flug der MH370 erzählen, als wäre es seine Reise. Von nun an und über die Dauer von acht Jahren versuche ich, den Prozess einer zunehmenden Ungewissheit festzuhalten. Seines Verschwindens.“ Mit der Erfüllung der Bitte des Vaters: „Haltet Kontakt – versucht zu verstehen und zu verzeihen.“ Das Verschwinden des Vaters, schon im Vorfeld als Theaterstück (2021) und als Hörspiel (2022) der Autorin präsentiert, reiht sich ein in die literarischen Betrachtungen demenzieller Eltern durch die Kindergeneration (Arno Geiger, Tillmann Jens u.a) als einfühlsames Vaterbuch in acht Kapitel der acht Jahre der Auflösung des Geistes bis zum Tod des geliebten Menschen. Durch die Parallelisierung von persönlicher Geschichte und die allgemeinen Betrachtungen zum Thema Verschwinden, insbesondere eines ganzen Flugzeugs wird gleichzeitig Distanz und Nähe geschaffen. Absolute Leseempfehlung – ein Buch, das besondere Beachtung verdient. „Du bist fort, vielleicht aber noch hier. Du bist hier, vielleicht aber auch fort.“
Karin Steinfeld-Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.

All right. Good night.
Helgard Haug
Rowohlt (2023)
155 Seiten : Illustration
fest geb.
Auszeichnung: Roman des Monats