Die schönste Version
Jella scheint mit Yannick das große Los gezogen zu haben. Er ist ein aufmerksamer und einfühlsamer Partner und sie wollen alles in ihrer Beziehung richtig machen. Sexuell scheint es keine Probleme zu geben, doch Jella öffnet sich Yannick nicht ganz
und gibt ihm nur bruchstückhaft Probleme ihrer Vergangenheit preis. In ihren ersten Beziehungen gelang es ihr nicht, Grenzen zu ziehen, sie begab sich in Abhängigkeiten, die wiederum nur zu seelischer Verletzung führten. Als Yannick seine Schwachstellen Eifersucht und mangelnde Toleranz zeigt, kippt die Beziehungsidylle. Yellas Prägung durch Familie, ihr früheres soziales Umfeld und ihre Sexualpartner führen dazu, dass sie sich mit ihren Mitteln zur Wehr setzt: mit ihrer Weiblichkeit, ihrer Sprache, ja sogar mit körperlichem Gewaltausbruch. Auf Ausraster beider Seiten folgt reuevolle Versöhnung, die ihre Abhängigkeit voneinander zeigt, für ein gesundes Miteinander jedoch nicht lange ausreicht: Eine Spirale aus intensiver, liebevoller und dann wiederum gefährlicher, verletzender Nähe führt dazu, dass Yannick eskaliert und seine Hände um ihren Hals legt … - Ein dichter, sprachlich sehr interessanter Roman, der sich vieler Stilmittel bedient, Einblicke in eine Nachwendejugend gibt und die Zerrissenheit der Gefühlswelt der Protagonistin sehr gut darlegt. Ruth-Maria Thomas' Schilderung erotischer bzw. sexueller Szenen könnte Leser:innen bei der Lektüre stören. Mit dieser Einschränkung empfehlenswert.
Margit Düing Bommes
rezensiert für den Borromäusverein.

Die schönste Version
Ruth-Maria Thomas
Rowohlt Hundert Augen (2024)
271 Seiten
fest geb.