Hintergrund für Liebe
Das Buch ist nicht neu. Schon 2020 brachte der Weidlich Verlag die autobiografisch geprägte Nachlassgeschichte der Verlegerin Helen Wolff mit einem begleitenden Essay ihrer Großnichte Marion Detjen heraus und es bekam durchweg gute Kritiken. Jetzt
also mit gänzlich anderem Cover bei rororo. Die Geschichte um eine große Liebe zwischen einer jungen (unerfahrenen) Frau und einem älteren Mann und der Versuch ihrer Befreiung aus der männlichen Dominanz spielt im Sommer 1932, nach der Flucht des Paares aus dem immer bedrohlicher werdenden Berlin an die Küste Südfrankreichs. Der ältere, lebenserfahrene Mann „beschenkt“ die junge Frau mit der Schönheit der mediterranen Küstenlandschaft und des mondänen Zeitvertreibs. Sie aber sucht etwas anderes als zerstreuendes Amüsement und verlässt ihn, mietet ein schlichtes kleines Häuschen oberhalb von St. Tropez für den Sommer. Richtet sich ein, findet Freunde und sich selbst und genießt das freie einfache Leben. Durch ihre Abgrenzung findet ihr Liebhaber zu ihr zurück, schätzt ihre Eigenständigkeit und fügt sich willig ein in den ungebundenen Lebensrhythmus der jungen Leute. Die Liebe „siegt“ für diesen Sommer und am 1. November brechen sie gemeinsam auf in die kalte Heimat, aber mit dem unendlichen Sommer im Herzen. Ob sie ein Paar bleiben? Warme, leichte Liebesgeschichte um das Streben einer jungen Frau in einer politischen Umbruchphase nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Im anschließenden 100-seitigen Essay wird das wechselvolle Leben der hochgeschätzten Verlegerin Helen Wolff (1906-1994) und die Entstehungsgeschichte der autobiografisch gefärbten Erzählung beleuchtet. Eine gelungene Mischung aus Erzählung und Autobiografie für besonders interessierte Leser/-innen an historischer Aufarbeitung der freien Literatur im aufkeimenden Nationalsozialismus.
Karin Steinfeld-Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.
Hintergrund für Liebe
Helen Wolff
Rowohlt Taschenbuch Verlag (2022)
254 Seiten
fest geb.