Mit meinen Händen
Die norwegische Autorin und Journalistin erbt von ihrem Vater eine kleine Holzhütte mitten im Nirgendwo Norwegens. Ohne Möglichkeit einer direkten Zufahrt, ohne Strom, ohne Wasseranschluss. Erst mit der Zeit lernt sie, die Annehmlichkeiten dieses Kleinods zu schätzen. Diese untypische Autobiografie handelt von ihrem Leben jenseits des Schreibtisches in der Großstadt. Sie besinnt sich auf ihre einst erlernten handwerklichen Fähigkeiten und schafft Dinge mit ihren Händen. „Wir können, werden und sollten auch nicht den Kontakt zu unseren Arbeitshänden verlieren.“ Sie beschreibt ihre Handlungsabläufe beim Fällen eines Baumes auf ihrem Grundstück ganz genau, und auch der Ablauf des Schleifkurses, den sie belegt, wird kleinschrittig erläutert. Nun liegt mit diesem Buch weniger eine Anleitung zum Bedienen einer Kreissäge vor, sondern vielmehr ein Fahrplan zu sich selbst. Beizeiten bewusst innezuhalten und sich mit kleinen Dingen zufriedenzugeben. Außerdem wird sie nicht müde, die Wichtigkeit des eigenen Produzierens, der eigenen Kreativität anzusprechen. Die Autorin springt zwischen Vergangenheit und Gegenwart. So unternimmt sie immer wieder gedankliche Ausflüge zu ihrer Familie und sich selbst. Wie war es, in einer Industriellen-Familie aufzuwachsen? Der rote Faden in diesem Buch wird bestimmt von ihrer Absicht, ein „Außenklo“ zu ihrer Hütte zu errichten. Eine Hütte, die fernab jeglicher Zivilisation, aber ganz nah an ihrer Heimat steht. Heimat ist mehr als nur ein Gefühl, stellt sie immer wieder fest. Eine kleine Frau über ihre kleine Hütte im Wald, die Großes leistet und die ihre „Arme in den Himmel reckt, wie eine Weltmeisterin […]“.
Anja Kuypers
rezensiert für den Borromäusverein.
Mit meinen Händen
Siri Helle ; aus dem Norwegischen von Anne von Canal
Rowohlt Taschenbuch Verlag (2022)
138 Seiten
fest geb.