Ein fauler Gott
Hamburg im Sommer 1972 - der achtjährige Jonas ist plötzlich gestorben. Sein vier Jahre älterer Bruder Ben und Ruth, seine (geschiedene) Mutter, müssen mit ihrem Schmerz zurechtkommen. Während Ben dies nach und nach gelingt, findet seine Mutter, die überdies die Trennung von ihrem Mann verkraften muss, lange keinen Weg aus ihrer Trauer zurück in die Normalität. Das Leben erscheint ihr als, "ein Leben, das nur mehr andauert, eine stete Folge gesichtsloser Tage" (S. 264). Ben, der am Beginn der Pubertät genug mit sich selbst beschäftigt ist, kümmert sich auf rührende, oft genug hilflose Weise um seine Mutter, die immer wieder in Depression versinkt. Am Ende ist es dennoch Ben, der seine Mutter, die schon den Selbstmord für sich und ihren Sohn geplant hatte, unwissentlich von diesem letzten verzweifelten Schritt abbringt. - Im Zentrum dieses hauptsächlich aus der Perspektive und in der Sprache des heranwachsenden Jungen erzählten Romans stehen die vielfältigen Herausforderungen, die das Leben für einen Jungen Anfang der 70er Jahre bereithält: Freundschaft, erste Liebeserfahrungen, Schule, möglicherweise den Tod und die Frage nach einem Gott, der Unglück und Tod zulässt. Deshalb dürfte der erfrischend lebendig geschriebene, keineswegs oberflächliche Debütroman des erfahrenen Theatermannes wohl besonders Heranwachsende ansprechen.
Ein fauler Gott
Stephan Lohse
Suhrkamp (2017)
329 S.
fest geb.