Gegen die Welt
Die amerikanische Historikerin gestaltet ein facettenreiches Bild der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, in der weltweit der Prozess der Globalisierung zugunsten eines Antiglobalismus zum Stillstand kam. Diese widersprüchliche Tendenz fußt vor allem in nationalistischen Ideologien sowie im Streben nach ökonomischer Autarkie, die von linken wie von rechten politischen, sozialen und kulturellen Gruppierungen bereits während des 1. Weltkrieges propagiert wurden und ab 1930 zur rigiden Abkehr vom Internationalismus und wirtschaftlicher Abhängigkeit führten. Zusätzlich zu diesen Entwicklungen kam es im Februar 1918 zum Ausbruch der Spanischen Grippe, die weltweit ca. 50 Mill. Opfer forderte und aggressive Abschottung nach sich zog. Diese radikale Umkehr zeichnet Zahra – gestützt auf zahlreiche fundierte Quellen – verständlich und gut lesbar nach. Im ersten Teil untersucht sie die politischen wie wirtschaftlichen Prozesse, die letztendlich den 1. Weltkrieg heraufbeschworen, während sie sich im zweiten Teil mit den schwierigen Verhältnissen der ersten Nachkriegszeit beschäftigt, in deren Folge (u.a. Revolutionen, Krankheiten, Hunger, nationalistische Propaganda, vorrangige Sorge um den eigenen Staat) nationalistische Parteien bzw. Gruppen enormen Zuspruch und Zulauf erhielten. Der 3. Teil durchleuchtet die nach der Weltwirtschaftskrise (1929 bis in die 1930er Jahre) immer aggressiver werdenden Maßnahmen in Politik und Wirtschaft zur Durchsetzung der angestrebten protektionistischen Ziele. Diese gerade in den Anfangsjahren oft widersprüchlichen Ansätze zeigt die Autorin an verschiedenen Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Schichten, an diversen Ländern, an bedeutenden Institutionen sowie an gewaltbereiten Ideologien und gestaltet so ein fesselndes Bild aus einer vergangenen Epoche, das sich jedoch in der Gegenwart teilweise zu wiederholen scheint. – Für geschichtlich Interessierte sehr zu empfehlen!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Gegen die Welt
Tara Zahra ; aus dem Englischen von Michael Bischoff
Suhrkamp (2024)
445 Seiten : Illustrationen, Karten
fest geb.