Die bekannte Welt
Virginia in der Mitte des 19. Jh., kurz vor dem Sezessionskrieg. Augustus Townsend, ehemaliger Sklave, hat es aus eigener Kraft geschafft, sich selbst und seiner Frau Mildred die Freiheit zu erkaufen. Ihr gemeinsamer Sohn Henry bleibt noch jahrelang
Eigentum des mächtigsten weißen Plantagenbesitzers von Manchester County, William Robbins. Henry ist einer seiner Lieblingssklaven und genießt die besondere Gunst des Masters. Für die Townsends bricht eine Welt zusammen, als sie ihren mittlerweile erwachsenen Sohn endlich freikaufen dürfen, dieser jedoch kurz darauf mit Robbins´ Unterstützung zu einem der wenigen schwarzen Landbesitzer wird, die sich selbst Sklaven als Arbeiter halten. Henry gibt vor, seine Sklaven menschlicher behandeln zu wollen als es die Weißen tun, doch sehr schnell beginnen die Machtpositionen zu verschwimmen. Zwischen all den Grausamkeiten dieser Zeit wird dennoch spürbar, dass die Gesellschaft sich im Aufbruch befindet und es immer mehr mutigen Menschen gelingt, bahnbrechend für die Freiheit zu kämpfen. - Ein sehr komplexer Roman, der ein bisher wenig bekanntes Randphänomen aus der späten Zeit der Sklaverei in den USA zum Thema macht. Die verschachtelte Erzählstruktur verlangt eine sehr aufmerksame und ausdauernde Lesehaltung. Hilfreich ist hierbei die Personentabelle am Ende des Buchs. Insgesamt geschichtlich und literarisch sehr anspruchsvoll und interessant, insbesondere auch als überarbeitete Fassung der deutschen Erstausgabe von 2005 (BP 06/100). Diese Neufassung versucht nun sowohl den gegenwärtigen Anforderungen an sprachsensible Literatur als auch dem Sprachgebrauch des Settings unter bewusster Beibehaltung rassistischer, diskriminierender Bezeichnungen gerecht zu werden.
Elisabeth Brendel
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Die bekannte Welt
Edward P. Jones ; aus dem amerikanischen Englisch von Hans-Christian Oeser
claassen (2023)
446 Seiten
fest geb.