Carla Mann
Der Berliner Kulturwissenschaftler W. Jasper nahm sich mit der ihm eigenen Liebe zu Sorgfalt und Akribie des vorläufig "letzten" Mann-Themas an, der Schwester von Heinrich und Thomas Mann. Er lüftet das "Rätsel" des "Dramas von Polling" soweit ihm das möglich war, sehr ausführlich, jedoch keineswegs weitschweifig oder breittretend. Carla Mann ging am 30. Juli 1910 im berühmten Klosterdorf des Pfaffenwinkels, wo sie wohnte, durch Zyankali freiwillig aus dem Leben, kaum 29 Jahre alt. Der Leser erhält, beredt und vielfach wissenschaftlich abgesichert, aufgrund neuer Quellen Einblick in ein kurzes Schauspieler-Leben, das freilich stets im Schatten der berühmten Brüder Heinrich und Thomas blühte. Carla hatte einen Hang zur jüdischen Kultur. Sie hatte mäßige Erfolge, v.a. in Mühlhausen/Elsass. Ihre Distanzierung zur in ihren Augen zu großbürgerlichen Mann-Familie (besonders der von Thomas) hinderte sie an der Teilhabe an deren da gefeierter, dort angezweifelter Bedeutung. Thomas Mann "konnte nicht" mit seiner Schwester, Heinrich Mann stand ihr eher nahe. Doch dessen ungehemmte Ausbeutung ihres Schauspieler-Daseins für sein literarisches Oeuvre muss negativ eingeschätzt werden. - Eine Biografie mit Fotos, die literarisch Interessierte begrüßen werden und die zur Beschäftigung mit dem Mann-Clan führt. Für größere Bestände.
Hans Gärtner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Carla Mann
Willi Jasper
Propyläen (2012)
238 S. : Ill.
fest geb.