Russensommer

Die ehemalige FDP-Generalsekretärin und Ausländerbeauftragte der Bundesregierung erinnert sich in diesem sehr persönlich und ehrlich erzählten Buch an zwei sehr prägende Jahre ihrer Kindheit, die sie auf der Ostsee-Insel Darß verbracht hat. Um Russensommer den Bomben, den Bunkern und der überall lauernden Angst in Berlin nicht länger ausgeliefert zu sein, wird sie von ihrer Mutter - der Vater ist Soldat - dorthin zu Verwandten geschickt. In dieser ländlichen Idylle erlebt sie ungeahnte Freiheit und Ungezwungenheit, lernt schwimmen und reiten, bemerkt aber auch hier den langen Arm des NS-Regimes, der sich in diskriminierendem Verhalten gegenüber Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen nur allzu deutlich zeigt. Doch die Autorin verliert sich nicht in Schwarz-Weiß-Malerei, sondern schildert die Geschehnisse aus ihrer damaligen Sicht, d.h. aus der Perspektive des neunjährigen Mädchens, das den Schrecken und das Ausmaß der Katastrophe während und am Ende des Krieges nicht in der ganzen Breite und Schärfe erkennen kann. Und so erlebt sie auch den Einmarsch der russischen Truppen nicht als Zusammenbruch, sondern als Befreiung von all dem, was sie jahrelang belastet hatte - das Schweigegebot, die Angst um die Eltern und Geschwister. Innerlich frei freundet sie sich mit einem jungen russischen Soldaten an, der wie sie große Sehnsucht nach seiner Familie hat. So lässt dieser Sommer die Verfasserin zum ersten Mal in ihrem Leben spüren "wie sich Freiheit wirklich anfühlt." - Für alle Büchereien geeignet!

Inge Hagen

Inge Hagen

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Russensommer

Russensommer

Cornelia Schmalz-Jacobsen
Bertelsmann (2016)

216 S. : Kt.
fest geb.

MedienNr.: 588028
ISBN 978-3-570-10311-1
9783570103111
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
Diesen Titel bei der ekz kaufen.