Der Flussregenpfeifer
In den turbulentesten Jahren des 20. Jh., vom Beginn der 30er bis nach dem Zweiten Weltkrieg, erregte ein junger Hamburger Aufsehen mit einem unglaublichen Abenteuer: Mit einer geradezu spartanischen Ausrüstung möchte er mit seinem Faltboot von Ulm bis nach Zypern fahren. Sehr bald werden die Nationalsozialisten neugierig auf Speck und versuchen, das waghalsige Unternehmen des Abenteurers für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. In seinem biografisch überaus detailreichen Roman zeichnet Tobias Friedrich das unglaubliche Schicksal des Hamburger Faltbootfahrers nach: Er beschreibt, wie er durch linke Machenschaften um den Sieg bei einem aufsehenerregenden Wettbewerb gebracht wird. Wie er aber nicht aufgibt, sondern in einer neuen waghalsigen Vision weiterpaddelt bis nach Australien. Sieben Jahre wird er für diese Odyssee brauchen. Und in diesen sieben Jahren lernt Oskar zahlreiche Freunde und Widersacher kennen, übersteht gefährlichste Situationen und lernt in einem Krankenhaus in Indonesien auch seine große Liebe Gili kennen. Nach dem Ende des Krieges baut sich Oskar Speck in Australien eine neue Existenz als Opalsucher auf. - Mit viel erzählerischem Geschick schreibt Tobias Friedrich die Geschichte des zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Oskar Speck. Mit einer grenzenlosen Fabulierfreude erzählt er von Freundschaften und Intrigen, von der Suche nach Freiheit und der Sehnsucht nach einem endlichen Ankommen. Da ist es ein wenig schade, wenn er im letzten und kürzesten Kapitel die weder den historischen Gegebenheiten noch der Wahrscheinlichkeit folgende Irrsuche der beiden Protagonisten nach dem/der Geliebten beschreibt, die sich immer wieder minutengenau verfehlen und schließlich (anders als Oskar Speck im realen Leben) daran sterben. Dennoch sehr lesenswert.
Günter Bielemeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Flussregenpfeifer
Tobias Friedrich
C. Bertelsmann (2022)
512 Seiten
fest geb.