On the come up

"Vielleicht muss ich heute Abend noch jemand killen." Die 16-jährige Ich-Erzählerin Bri steht unter Spannung, das ist mal klar. Der nächste Absatz macht jedoch schnell deutlich, dass sie sich glücklicherweise lediglich auf ihre Rap-Leidenschaft On the come up bezieht und über einen möglichen Auftritt im Ring sinniert, in dem sich Gegner bei einem Battle mit Worten bekämpfen. Nicht nur als Tochter einer lokalen (toten) Hip-Hop Legende muss sie dabei erstmal ihren eigenen Weg finden. Bris Leben ist alles andere als einfach. Ihre Mutter Jay ist nach dem Tod des Vaters in die Drogenabhängigkeit gerutscht, so dass Bri und ihr älterer Bruder lange Zeit bei den Großeltern lebten. Jay ist zwar schon lange wieder clean und man wohnt nun wieder zusammen, aber die Angst, von ihrer Mutter wieder verlassen zu werden, begleitet Bri in ihren Träumen. Zudem spitzt sich nach einem Jobverlust Jays die finanzielle Situation der Familie zu. In ihrem (Schul-)Alltag ist Bri rassistischem Verhalten von Schul- und Wachpersonal ausgesetzt. Was es bedeutet, als schwarze Jugendliche in solch einer Umgebung aufzuwachsen, ständig mit Vorurteilen konfrontiert, kann man wohl allenfalls erahnen, selbst wenn Thomas das unfassbare Unrecht offenlegt. Wenn Bri sich nun also wütend, leidenschaftlich und selbstbewusst in den Ring begibt, dann hat sie etwas zu erzählen. Das wird allerdings nicht immer so verstanden, wie sie es gemeint hat. Und wenn sie sich (in ihren Texten) auch sicher ist, dass sie den Aufstieg schafft, muss sie sich doch fragen, wie sie sich dabei selbst treu bleibt. - Angie Thomas zweiter Roman überzeugt mit einer sehr authentischen komplexen Hauptfigur. Auf der einen Seite ist Bri eine junge Frau, die ihren Traum, Hip-Hop-Star zu werden, verwirklichen will und dafür kämpft und sich mit Armut und sozialer Ungerechtigkeit konfrontiert sieht. Auf der anderen Seite ist sie ein verwirrter Teenager, der sich mit Verliebtheit, Freundschaftsbeziehungen und Erziehungsberechtigten auseinandersetzen muss. Dabei verwendet Thomas einen ebenso scharfen wie humorvollen Tonfall. Ihre Beobachtungen treffen ins Mark. Auch die über ihre christliche Gemeinde: "Die Kirche ist voll mit Leuten, die viel zu sagen, aber nichts zu tun haben. Man könnte ja meinen, dass uns ein paar von denen durchaus helfen könnten, anstatt sich das Maul zu zerreißen. Aber ich schätze, es ist leichter zu sagen, dass man Jesus liebt, als danach zu handeln." - Unbedingte Empfehlung für alle Bestände. (Übers.: Henriette Zeltner)

Anna Winkler-Benders

Anna Winkler-Benders

rezensiert für den Borromäusverein.

On the come up

On the come up

Angie Thomas
cbj (2019)

508 S.
fest geb.

MedienNr.: 596709
ISBN 978-3-570-16548-5
9783570165485
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: J
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