Wir sind Wölfe

Ostpreußen im Winter 1944, Familie Wolf muss sich von Vater, Ehemann bzw. Sohn verabschieden, da er trotz Beinverletzung noch einberufen wird. Da sind sie noch "Stolze Wölfe", so auch der Titel des ersten Abschnittes, noch (fast) alle beisammen: Wir sind Wölfe Großeltern, Mutter, die 11-jährige Erzählerin Liesl, ihr siebenjähriger Bruder Otto und ihre kleine Schwester Mia (1). Wenig später müssen sie mit dem Herannahen der russischen Armee überstürzt ihr Zuhause verlassen, werden zu "Gehetzten Wölfen", versuchen die Küste zu erreichen und werden dabei immer weniger Familienmitglieder. Erst bleiben die Großeltern zurück, dann verlieren sie die Mutter und so sind die drei Kinder noch bevor sie zu "Wölfe(n) im Käfig" werden, auf sich allein gestellt. Liesl erzählt sehr unaufgeregt von einem Jahr, in dem sie nun Unglaubliches leisten muss, in dem ihr und ihren Geschwistern Unfassbares passiert, denn im Krieg bzw. in der Nachkriegszeit gelten keine Regeln: "Im Krieg tun Menschen Dinge, die sie niemals tun würden, wenn sie zu Hause bei ihren Familien wären." Das gilt leider auch noch für die unmittelbare Nachkriegszeit, in der russische Soldaten sich mittels Plünderungen und schlimmeren Dingen (die hier nur zurückhaltend bzw. gar nicht erzählt werden) an der deutschen Bevölkerung rächen, deren Armee zuvor in Russland Kriegsverbrechen begangen hatte. In der Auseinandersetzung mit helfenden russischen, deutschen und litauischen Mitmenschen, die Menschlichkeit über nationale Zugehörigkeit stellen, erfahren Liesl und ihre Geschwister jedoch auch immer wieder Schutz, ohne den sie ihre Fluchtodyssee nicht überleben würden. Entsprechend der jungen Zielgruppe darf es ganz am Ende auch ein zuversichtliches, hoffnungsvolles Wiedersehen mit der verlorengeglaubten Mutter geben. - Leider ein sehr, sehr aktuelles Buch. Katarina Nannestad greift anhand der Geschichte das Schicksal der sogenannten "Wolfskinder" auf, die 1945 auf der Flucht auf sich allein gestellt waren. Große Empfehlung für alle Bestände.

Anna Winkler-Benders

Anna Winkler-Benders

rezensiert für den Borromäusverein.

Wir sind Wölfe

Wir sind Wölfe

Katrina Nannestad ; mit Illustrationen von Martina Heiduczek ; übersetzt von Bettina Obrecht
cbj (2022)

336 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 609226
ISBN 978-3-570-17967-3
9783570179673
ca. 14,00 € Preis ohne Gewähr

Borromäus-Altersempfehlung: ab 11
Systematik: K
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