Der wandernde Turm

Den russischen Komponisten Sergej Prokofjev (1891 - 1953) kennen wir als Schöpfer von Opern, Sinfonien und Kammermusikstücken. Die Kenntnis der Tatsache, dass er auch Erzählungen geschrieben hat, verdanken wir dem Konzertgitarristen Lucian Plessner, Der wandernde Turm der alle bis jetzt bekannten Geschichten Prokofjevs vor allem mithilfe des Sohnes Olef Prokofjew entdeckt und nun ins Deutsche übertragen hat. Von den elf Geschichten (geschrieben zwischen 1917 und 1921) blieben drei unvollendet, und alle zeichnen sich durch eine humorvolle Ironie, eine gewisse Absurdität und Skurrilität der Handlung aus. So wenn sich ein eitler Offizier und ein verliebter Maler beim Streit um eine Frau mit Arthur Schopenhauer anlegen ("Ein fieser Hund") oder wenn der Eiffelturm nach Babylon auf Wanderschaft geht, um dort den berühmten Turm von Babel zu treffen (Titelgeschichte). Der Komponist meinte einmal: "Wenn ich nicht Komponist werde, dann werde ich Schriftsteller". Seine Liebe zu Literatur kann man nicht nur aus seinen Opernstoffen (nach Shakespeare, Tolstoi oder Dostojewski), sondern auch aus diesen hier erstmals in Deutsch veröffentlichten Geschichten ablesen, wenn er z.B. im "Märchen vom Fliegenpilz" Anklänge an Lewis Carrols "Alice im Wunderland" erkennen lässt. Das Buch ist eine kurzweilige Gelegenheit, des Komponisten durch die Lektüre dieser seiner frühen (von Babette Klingenberg mit adäquaten Titelbildern illustrierten und von L. Plessners Nachwort biografisch eingeordneten) Geschichten zu gedenken. Für alle Büchereien eine interessante Anschaffung. (Übers.: Lucian Plessner und A. Kravtsova)

Georg Bergmeier

Georg Bergmeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der wandernde Turm

Der wandernde Turm

Sergej Prokofjev
Ed. Elke Heidenreich (2012)

191 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 362131
ISBN 978-3-570-58034-9
9783570580349
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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