Roman meines Lebens
Dass Zülfü Lívanelí sich als "Europäer vom Bosporus" sieht, erläutert er künstlerisch und biografisch. Er arbeitet als Regisseur, Autor, Komponist und Interpret, der sich mit europäischen Künstlern austauscht und die fremden Einflüsse mit
traditionellen, heimischen Stilen, Rhythmen, Motiven etc. mischt. Sein Lebensweg, der ihn in Fluchtorte wie Stockholm und Paris führte, betont ebenfalls den europäischen Aspekt seiner Identität. Ins Exil musste Lívanelí gehen, nachdem er wegen seiner Verlegertätigkeit verfolgt und mehrfach in Untersuchungshaft geraten war. - Der Autor erzählt sein Leben auf sympathisch-zurückhaltende, gleichwohl klare Weise. Er vermittelt ein detailreiches Bild der Türkei, die von 1960-1983 dreimal unter der von Folter und Polizeiwillkür gekennzeichneten Herrschaft der Generäle stand. Lívanelí diffamiert sein Land nicht, sondern will es vor seinen Unterdrückern in Schutz nehmen und seine Bewohner mit Kultur aus einem europäischen Kontext bekannt machen. Lesenswert sind auch die zahlreichen Passagen, die von Begegnungen (Yasar Kemal, Michail Gorbatschow, Günter Grass) und Kooperationen (Konzertreisen mit Maria Farantouri, Komposition der Filmmusik von "Yol/Der Weg") berichten. - Empfehlenswert!
Thomas Völkner
rezensiert für den Borromäusverein.

Roman meines Lebens
Zülfü Livaneli
Klett-Cotta (2011)
364, [16] S. : Ill. (überw. farb.)
fest geb.