Afrika und die Entstehung der modernen Welt
Der US-Autor, Nachkomme schwarzer Sklaven, kämpft in seinem jüngsten Buch gegen die noch weit verbreitete Unkenntnis, welche Bedeutung der Begegnung Europas mit dem Afrika südlich der Sahara zukommt. Von der Zeit der portugiesischen Entdeckungen bis tief ins 19. Jh. werden die wirtschaftlichen Beziehungen dargestellt. Diese breite Übersicht gipfelt in der These, dass erst die enormen Gewinne europäischer Sklavenhalter in Amerika die rasante Entwicklung der Neuzeit ermöglicht haben. Mit Nachdruck kritisiert Howard das Überlegenheitsgefühl der europäischen Kolonisatoren gegenüber der jeweils einheimischen Bevölkerung. So spannt sich der Bogen von den Kanarischen Inseln über den Stützpunkt Elmina an der Küste des heutigen Ghana, die Insel Sao Thomé auf Äquatorhöhe hinüber zu den atlantischen Antillen Mittelamerikas, z.B. auf die Insel Barbados. Einbezogen werden der Kongo, Angola und Brasilien und schließlich die USA. Die Suche ging zunächst nach Gold, dann aber nach Sklaven, weil mit ihnen Plantagen betrieben werden konnten, die enorme Gewinne abwarfen, was zum oft militärischen Wettstreit verschiedener europäischer Mächte führte. Den vielen Sklavenaufständen gehört naturgemäß die Sympathie des Autors. Die Mitwirkung von Afrikanern an der Versklavung wird angesprochen und z.T. damit erklärt, dass sie eigene Bevölkerungsdefizite auszugleichen hatten. Der Hauptthese seiner als Globalgeschichte vorgestellten Untersuchung, die Sklavenwirtschaft der Neuzeit habe mit ihren Gewinnen die bedeutenden Entwicklungen der Neuzeit erst ermöglicht, fehlt es nicht an Evidenz; förmliche volkswirtschaftliche Belege fehlen jedoch. Fotos, geografische Skizzen sowie ein umfangreicher Anhang ergänzen die interessante und lebendig verfasste Geschichtsdarstellung einer traurigen Epoche der Sklaverei.
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Afrika und die Entstehung der modernen Welt
Howard W. French ; aus dem Amerikanischen übersetzt von Karin Schuler [und zwei weiteren]
Klett-Cotta (2023)
507, [16] Seiten : Illustrationen
fest geb.