Acht Minuten

In seinem Roman spricht der 1955 in Budapest geborene Péter Farkas mit großem Einfühlungsvermögen ein bewegendes Thema an. Es geht um den langen Weg des Abschieds, den ein für das namenlose demente Paar unsichtbarer Erzähler begleitet. Dass keine Acht Minuten voyeuristische Fallstudie entstanden ist, entspricht der auf tief empfundener Menschlichkeit beruhenden Grundhaltung des Autors. Über die mühevolle Alltagsbewältigung berichtend, stellt Farkas den alten Mann in den Mittelpunkt, der im Gegensatz zur Frau noch über organisatorische Fähigkeiten verfügt. Das von ihm vorbereitete Frühstück, die durch die Berührung ihrer Haut für sie angenehme Körperpflege, das Ritual des fiktiven Vorlesens - all das sind Tätigkeiten, aus denen er für sich und seine Partnerin Kraft bezieht. Die innige Verbundenheit beider drückt sich vor allem in jener Sequenz aus, in der die alte Frau die vom Betreuungsdienst angeordnete Zimmertrennung ignoriert: "Von da an schliefen sie zusammen in einem Bett." Um dem Einwand vorzubeugen, der Autor würde eine idealisierte Darstellung der Demenzkrankheit anbieten, ist auf realistisch geschilderte Situationen hinzuweisen, die für die Betroffenen längst jegliche Peinlichkeit verloren haben. Wenn Péter Farkas beide in ein von einer duftenden Fliederhecke umgebenes Haus eintreten lässt, bildet dieser symbolische Heimgang den Höhepunkt einer metaphernreichen, atmosphärisch dicht und emotional erzählten Prosa. (Übers.: György Buda)

Kirsten Sturm

Kirsten Sturm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Acht Minuten

Acht Minuten

Péter Farkas
Luchterhand (2011)

132 S.
fest geb.

MedienNr.: 350113
ISBN 978-3-630-87304-6
9783630873046
ca. 16,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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