Winterrezepte aus dem Kollektiv

Louise Glück, Literaturnobelpreisträgerin des Jahres 2020, ist - wie so viele Lyrikerinnen - in Deutschland weiterhin nur ein Geheimtipp. Gedichte haben es hierzulande schwer, da sie Zeit einfordern - Zeit, die, wenn sie einmal gegeben, dafür umso Winterrezepte aus dem Kollektiv reichlicher belohnt wird. Der schmale Gedichtband ist der neueste, den Glück auch in ihrer Heimat vorgelegt hat. In freiem Versmaß behandelt die Dichterin ihre großen Themen: Abschied, Tod, Trauer, Vergänglichkeit, aber auch Hoffnung und Leichtigkeit. Über allem schwebt ein Hauch von Zen - nicht zuletzt auch durch den Bucheinband, der mit einer chinesischen Kalligraphie und Tuschemalerei vielleicht etwas zu aufdringlich diese Verknüpfung evoziert. Zwar handelt es sich nur um 15 Gedichte, doch die Worte der Lyrikerin bewegen, berühren und hallen lange nach. Kein Buch zum schnellen Lesen, dafür aber eines, an dem man lange Freude haben wird. Zum Glück (möchte man sagen) ist die Ausgabe zweisprachig, denn die Übertragung von Uta Gosmann vermag nicht zu überzeugen. Für Glücks schnörkellose, reduzierte englische Sprachbilder wählt Gosmann leider zu oft manieristische Wortgebilde, die den Gedichten im Deutschen eine Erdenschwere gibt, die ihnen im Original fehlt. Leserinnen und Leser sollten sich daher ganz auf den Originaltext beschränken. Büchereien, die den Lesern auch Lyrik anbieten möchten, sei der Band dennoch sehr empfohlen.

Friedrich Röhrer-Ertl

Friedrich Röhrer-Ertl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Winterrezepte aus dem Kollektiv

Winterrezepte aus dem Kollektiv

Louise Glück ; aus dem amerikanischen Englisch von Uta Gosmann
Luchterhand (2021)

75 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 994232
ISBN 978-3-630-87680-1
9783630876801
ca. 16,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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