Das Mundstück
Das Buch der österreichischen Autorin ist eine einzige Überraschung! Zum einen erzählt sie aus dem alltäglichen Leben einer Deutsch-Lektorin an der Universität eines fremden Landes, aber das ist ganz und gar kein gewöhnliches Leben, weil es in Charkiw spielt, wo nichts "normal" ist. Charkiw liegt in jenem Teil der Ukraine, dem Donbass, der als hart umkämpfter Zankapfel zwischen der Ukraine und Russland liegt. Ihr Buch aber ist kein politisches Buch, weit gefehlt! Auch in dieser Millionenstadt gibt es täglich so viel Sonderbares und Aufregendes, angefangen bei der Sprache und den zwischenmenschlichen Beziehungen. Und mitten hinein in die ohnehin angespannte Situation platzt der ernst gemeinte Vorschlag der Dozentin, dass ihre Studenten einen "Reiseführer für Charkiw" in deutscher Sprache schreiben sollen. Das Ergebnis nach einer gewissen Zeit ist ernüchternd. Den Reiseführer (für eine Stadt, die touristisches Niemandsland ist) müsste sie selbst schreiben, aber für wen? Er kommt nicht zustande. - Bianca Kos versteht es, drauflosplaudernd, das Komische der Situation dieser Stadt und ihrer Menschen unterhaltsam aufzuzeigen, stets so, dass man herzlich gerne mitlacht, wenn sie erzählt, was sich ergibt, wenn Menschen aus sehr unterschiedlichen Gesellschaften aufeinandertreffen. Übrigens, so viel sei verraten: An dem Wort Mundstück kann man trefflich die ukrainische Aussprache üben. Ein überaus kurzweiliger Roman über einen aufregenden Alltag.
Armin Jetter
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Mundstück
Bianca Kos
Otto Müller Verlag (2019)
156 Seiten
fest geb.