Die Wölfin
Ein Berg, ein See, ein Wald, Wind und Regenwolken, Mond und Sterne – zwischen diesen Kulissen bewegt sich scheinbar ziellos eine Wölfin. Doch in der Höhle im Berg wird sie ihre Jungen werfen. Dann streifen sie zu dritt durch ihr Gebiet. Seite für
Seite verfolgen Leser:innen und Betrachter:innen die Wege der Wölfin. Ihre Ruhelosigkeit liegt an der bevorstehenden Geburt, für die sie, wie man am Ende erfährt, einen geeigneten Platz gesucht hat. – Was diese kleine, beinahe banale Geschichte so besonders macht, ist ihre außergewöhnliche erzählerische und grafische Fassung. Karopapier ist die Grundlage der Bilder, und alles, was die Wölfin umgibt, ist in geometrische Formen gesetzt. Pflanzen, Pfade, der See, Sonne, Mond und Wolken, die Ameisen auf ihren Wegen – für alle so lebendigen Naturerscheinungen reichen Kreise, Punkte, Dreiecke und Linien aus. Diese so konsequente Abstrahierung steht in Kontrast zu den uns gewohnten Tier-Darstellungen, bei denen die Natur ja gerade in bewegtem und ungezügeltem Formenspiel abgebildet wird. Auch aus den schmalen Textzeilen spricht eine fast distanzierte Haltung gegenüber den Naturereignissen. Sie lesen sich wie verkürzte Verse eines Gedichts und diese hoch-artifizielle Gestaltung befördert eine Fremdartigkeit, die sich den Bildern anschließt. Möglich, dass dies bei Kindern tatsächlich für Befremden sorgen wird. Eröffnet wird ihnen mit diesem Bilderbuch jedoch ein sehr eigenwilliger künstlerischer Raum, der eine überraschende Sicht auf die Darstellungsmöglichkeiten von Natur liefert.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Wölfin
Pablo Albo ; Illustrationen: Cecilia Moreno ; aus dem Spanischen übersetzt von Karl Rühmann
Jungbrunnen (2024)
[56] Seiten : farbig
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 4