Irrfahrt
Wenn Margriet de Moor diesen schmalen Erstlingsroman des holländischen Autors als "raffiniertes, verstörendes Buch" bezeichnet, dann zu Recht! Ein wenig erfolgreicher Angestellter wird von seinem Chef gedrängt, eine Auszeit zu nehmen und so wagt er mit seinem kleinen, ziemlich altersschwachen Boot einen dreimonatigen Segeltörn auf der Nordsee. Nur auf der letzten Etappe (über diese wird hauptsächlich erzählt) dieser nicht ungefährlichen Fahrt soll ihn seine kleine Tochter begleiten. Warum? Will er sich selbst, seiner Frau und seiner Tochter beweisen, dass er kein Versager ist? Will er, dass seine Tochter etwas fürs Leben lernt oder will er sie einmal ganz für sich? Der Leser dieser psychologisch hochinteressanten Geschichte begibt sich selbst auf eine beklemmende Irrfahrt, auf der er bei allem Detailrealismus über vieles im Ungewissen bleibt. So bleibt vor allem unklar, ob die Tochter den Vater tatsächlich gegen den anfänglichen Widerstand der besorgten Mutter begleitet, um dabei auf tragische Weise ums Leben zu kommen. Der Autor spielt auf beinahe arglistige Weise mit der Erwartung des Lesers, eine in sich konsistente Geschichte serviert zu bekommen und macht durch einen brachialen Cut den fiktionalen Charakter des Geschehens erkennbar. Dieser so packend erzählte, atmosphärisch ungemein dichte, psychologisch hochinteressante und nur scheinbar einfach gestrickte Abenteuerroman kann nur wärmstens empfohlen werden. (Übers.: Ilja Braun)
Helmer Passon
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Irrfahrt
Toine Heijmans
Arche (2012)
188 S. : Ill.
fest geb.